Glasklare Gefühle

Der etwas “andere” Silvaner… (a.k.a. Weinrallye #49: Müller-Thurgau)

Menschen, die schon einmal eine von mir moderierte Probe besucht haben wissen: dort gibt es recht oft zwei Weine gleichzeitig zu probieren – weil der direkte Vergleich eines der besten Vehikel zur Erkenntnis ist. Meist werden diese beiden Weine dann “Blind”, also verdeckt, verkostet. Denn, wenn schon vergleichen, dann bitte schön so vorurteilsfrei und unvoreingenommen wie möglich. Eine Standard-Paarungen innerhalb meiner kleinen Deutschland-Weinrundreise ist zum Beispiel dieses Pärchen hier:

Silvaner- und Müller-Thurgau-Kabinett aus Eschendorf, Franken. Die zweite weiße deutsche Edelrebsorte neben dem “Massenträger von allgemeinem Veruf”, zusammen in einem Flight, kann das überhaupt funktionieren? Es kann. Jedenfalls, wenn der “Underdog” Müller-Thurgau  von einem Ausnahmewinzer wie Horst Sauer vinifiziert wird. Denn dann verliert der vermeintlich ordinäre Müller-Thurgau auf einmal alles Penetrant-Aufdringliche und gewinnt stattdessen ganz überraschend an Finesse und Tiefe.

Ich hatte mehr als einmal gebürtige Franken als Gäste in der Runde sitzen, die bei Ankündigung des Flights müde abwinkten: die beiden Rebsorten voneinander zu unterscheiden, sei ja nun wirklich überhaupt kein Problem. Und nach dem ersten Probieren war man sich dann schnell sicher, welcher der beiden Weine der Silvaner sei. Das zu unterscheiden habe jeder Franke quasi fest in den Genen verankert. So sicher war man sich, dass man bereit gewesen wäre, Geld darauf zu wetten.

Nach dem Aufdecken war die Überraschung dann meist groß. Ich lege übrigens Wert auf die Feststellung, dass der Silvaner-Kabinett von Horst Sauer alles andere als schlecht ist – allein: der Müller-Thurgau ist es eben auch nicht. Ganz im Gegenteil: es ist (nicht nur) angesichts der Rebsorte ein ungemein fein ziselierter, von Mineralität durchzogener Ausnahme-Wein, der deutlich mehr Aufmerksamkeit verdient hätte, als ihm wegen seiner “minderwertigen” Rebsorte zuteil wird.

Wie gesagt: Wenig befördert die Erkenntnis so sehr, wie die Möglichkeit zu vergleichen. Und nichts befördert die Unvoreingenommenheit dabei so sehr wie das “blinde” Probieren. Letzeres lehrt übrigens auch erfahrene Verkoster immer wieder einmal Demut (wie ich erst gestern selbst nach dem Aufdecken einer Blindprobe leicht erschüttert zu Kenntnis nehmen musste).

Das war mein Beitrag zur Weinrallye Nr. 49. Wer wissen will, was das ist und wie so eine Wein-Rallye funktionert, liest am besten bei Wein-Rallye Gründer Thomas Lippert nach. Wer mit dem Gedanken spielt, selbst an einer der kommenden Rallyes teilzunehmen, sollte sich bei der Weinrallye-Community bei Mixxt anmelden.

 

 

1 Kommentar

  1. […] Glasklare Gefühle  2010 Eschendorfer Fürstenberg Müller Thurgau von Horst Sauer. […]


  • Jan Buhrmann ...
    ...ausgebildeter Restaurant- fachmann und Wein-Enthusiast! Über viele Stationen in der deutschen Spitzen-Gastronomie und ständige Fort- und Weiterbildung gelangte er schließlich in die Wiesbadener "Ente", wo er knapp drei Jahre Herr über rund 2.000 Weine war. Den Glasklaren Gefühlen leiht Jan Buhrmann seine Stimme und wird dabei von Gastautoren unterstützt. Sie bloggen natürlich über Wein, Essen, kulinarische Tipps sowie Tricks und geben Lese- und Reiseempfehlungen - immer auf der Suche nach neuen, aufregenden Erfahrungen und Glasklaren Gefühlen.